Da es meine alte Hündin leider erwischt hat, möchte ich die Gelegenheit nutzen, um über das Vestibularsyndrom aufzuklären. Auch wenn es in unserem Fall Vorboten gab, tritt das Vestibularsyndrom meist von einem Moment auf den anderen auf. Der Hund zeigt beängstigende Symptome, welche an einen Schlaganfall erinnern. Hinfallen, wackeliger Gang – teilweise können die Hunde gar nicht mehr laufen oder alleine aufstehen – Kopfschiefhaltung (s. Bild oben), im Kreis laufen, Nystagmus (unkontrollierte Augenbewegungen), manche Hunde erbrechen.
Leider wird das Vestibularsyndrom, auch immer wieder von Tierärzten, als „Schlaganfall“ bezeichnet, vermutlich der Einfachheit halber. Ein richtiger Schlaganfall ist beim Hund jedoch extrem selten und hat eine völlig andere Ursache! Das Vestibularsyndrom ist eine Störung des Gleichgewichtsorgan im Innenohr, deswegen ist den Hunden schwindelig und es kann ihnen übel werden. Man weiß bis heute nicht genau, was der Auslöser ist, deswegen wird es auch idiopathisches Verstibularsyndrom genannt. Da es dennoch Erkrankungen gibt, welche ein Auslöser sein können, muss man diese immer im Hinterkopf behalten und ggf. abklären (z.B. Schilddrüsenunterfunktion, Ohrentzündungen, Medikamente, Tumore).
Behandlung
Meistens bekommt der Hund an drei aufeinanderfolgenden Tagen eine Cortisoninfusion, ggf. mit Vitamin B und bekommt bei Bedarf ein Mittel gegen Übelkeit. Wenn der Hund sehr ängstlich reagiert, weil er nicht weiß, was mit ihm passiert, kann zusätzlich ein Beruhigungsmittel gegeben werden.
Dauerhaft sollte man ihn mit Medikamenten und/oder Zusätzen unterstützen. Dazu gehören u.a. Karsivan, Vitamin B – Komplex, Gingko, Vertigoheel (gute Erfahrungen gegen den Schwindel) und Vitalpilze.
Was sonst noch gut tut
Was der Hund unbedingt braucht, ist Ruhe und kein Stress. Außerdem sollte man die Wohnung vorübergehend entsprechend sichern, damit sich der Hund nicht verletzen kann, wenn er umkippt oder unkontrolliert in eine Richtung schwankt. Paula konnte anfangs nur mit Unterstützung aufstehen und laufen, daher hatte sie die ersten Tage immer ihr Geschirr an, damit wir ihr bei Bedarf schnell helfen und Halt geben konnten. Manchen Hunden tut es auch gut, wenn das Zimmer etwas abgedunkelt ist. Nachts ist es sinnvoll, ein Nachtlicht anzumachen – dies hilft den Hunden, sich zu orientieren.
Fressen konnte sie anfangs nur durch Handfütterung. Selbst im Liegen wäre sie umgekippt, hätte sie aus dem Napf gefressen. Hilfreich ist es, das Futter von der Seite zu reichen, nach welcher der Kopf gehalten wird. Um den Appetit anzuregen, kann man vorübergehend selbst kochen (z.B. Pute mit Hüttenkäse, Möhren, Kartoffeln).
Sehr geholfen hat es ihr, wenn sie mit einem Handtuch zugedeckt wurde. Um wieder ein besseres Körpergefühl zu bekommen, habe ich ihr ab dem dritten Tag regelmäßig ihr Thundershirt angezogen.
Ab diesem Moment hat sie deutliche Fortschritte gemacht und war viel sicherer beim Laufen. Auch ist sie damit viel besser zur Ruhe gekommen und konnte besser schlafen. Dies ist natürlich in so einem Fall sehr wichtig für die Regeneration. Mit dem Thundershirt hat sie langsam angefangen, aus ihrem Napf zu fressen. Dieser steht jedoch erhöht, damit sie sich nicht zu tief nach unten beugen muss, was wieder Schwindel auslösen würde.
Fünf Tage nach Auftreten des Vestibularsyndroms waren wir bei der Osteopathie. Lilli hat Paula ganz ruhig und einfühlsam behandelt, man konnte sehen, wie gut es ihr getan hat und dass sie endlich völlig entspannen konnte.
Die Kopfschiefhaltung hat sich deutlich verbessert und der Schwindel wurde weniger. Zwei Tage später konnten wir unseren ersten kurzen Ausflug in den Wald machen, den die Maus sehr genossen hat. Hier konnte sie schon wieder hüpfen und wir waren in unserem normalen Gassitempo unterwegs. Nochmal zwei Tage später, haben wir mit Motorikübungen angefangen, welche sie ohne Probleme bewältigen konnte. Hier hat sich ausgezahlt, dass wir früher sehr viel Bodenarbeit gemacht haben.
Fünf Tage später erfolgte die zweite osteopathische Behandlung. An diesem Abend konnte sich Paula zum ersten Mal wieder auf den Rücken drehen und schlafen – ein Zeichen, dass der Schwindel im Großen und Ganzen weg ist. Er tritt nur noch situativ auf, wenn sie eine zu schnelle Bewegung macht, der Untergrund sehr uneben ist oder auch, wenn sie vom Licht geblendet wird. Treppen steigen geht allerdings nur bedingt und nur mit Unterstützung. Sie frisst wieder normal, die Kopfschiefhaltung ist nahezu weg, wir steigern die Länge unserer Spaziergänge, versuchen, einen guten Mittelweg zwischen fördern und nicht überfordern zu finden.